VuB Verband unabhängiger Bestatter e. V.

Friedhofszwang in der Diskussion

Friedhofszwang in der Diskussion

… oder der Untergang der abendländischen Kultur?

Auf der Messe „Leben und Tod“ vom 08.05.-09.05.2014 in Bremen war die von der rot-grünen Senatsregierung der Freien Hansestadt Bremen geplante Abschaffung des Friedhofszwangs für Urnen ein heiß und kontrovers diskutiertes Thema. Leider war das Thema der Podiumsdiskussion „Die Urne auf dem Kaminsims – Ist das Kunst oder kann das weg“ sehr unglücklich formuliert und wurde dem Ernst und der Bedeutung dieses Themas in keiner Weise gerecht. Die Initiatorin des Antrags die stellvertretende Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen Frau Dr. Maike Schäfer sagte dazu: „Die Bestattungswünsche heute sind so individuell wie das Leben selbst. Die Mehrheit der Deutschen findet sich in der traditionellen Friedhofskultur nicht wieder.“ Diese Meinung wird auch von der Verbraucherinitiative Aeternitas aus Königswinter vertreten, für die als Geschäftsführer Christoph Keldenich ausführte: „Aeternitas begrüßt die Abschaffung der Friedhofspflicht für Totenasche. Mit der Urne zuhause tut sich neben den Friedhöfen eine weitere Wahlmöglichkeit für die Bürger auf, Gedenken und Abschied in ihrem persönlichen Sinne zu gestalten. Nicht jeder braucht das Grab auf dem Friedhof.


Eine andere Sicht auf diese Thematik vertraten in dieser Diskussion verständlicherweise die Amtskirchen vertreten durch Dr. Bernd Kuschnerus, stellvertretender Schriftführer der evangelischen Kirche in Bremen, und Dr. Gerrit Schulte, Vorsitzender des Caritas-Verbandes Osnabrück, sowie Geschäftsführer Diplom-Theologe Oliver Wirthmann vom Kuratorium deutsche Bestattungskultur.


Die Diskussion, die von der Journalistin Dr. Rita Knobel-Ulrich souverän moderiert und geleitet wurde, entwickelte sich gleich zu Anfang sehr lebhaft. Nachdem Frau Dr. Schäfer noch einmal detailliert den Gesetzesentwurf von Bündnis 90/Die Grünen erläutert hatte, der eine Abschaffung des Friedhofszwang beinhaltet, dies jedoch nicht mit einer Abschaffung des Friedhofswesens gleichzusetzen sei, ergänzte Herr Christoph Keldenich ihre Ausführungen mit dem Hinweis auf eine repräsentative Umfrage durch das renommierte Emnid-Institut in der sich 65% der befragten Bundesbürger die bisherige Bestattungskultur für überholt und reformbedürftig halten.


Oliver Wirthmann, Geschäftsführer des „Kuratorium deutsche Bestattungskultur“, ein ehemaliger katholischer Priester und heute ehrenamtlicher Pfarrer der evangelischen Kirche Rheinland, widersprach erwartungsgemäß dem Gesetzesentwurf, sah die Umfrage als falsch interpretiert an und warf der Verbraucherinitiative Aeternitas vor „Steigbügelhalter“ für den Gesetzesentwurf zu sein. Ein ähnliches Festhalten am Friedhofszwang wurde dann auch von den Vertretern der evangelischen und katholischen Kirche geäußert, die mit Hinweis auf jahrhundertealte Bestattungskultur- und Riten den Friedhof als zentralen Gedenkort für unerlässlich halten und vor den Auswirkungen dieser geplanten Gesetzesänderung warnten, in dem sie die Befürchtung äußerten, die Folgen eines derartigen Gesetzes seien unüberschaubar und würden zwangsläufig im Chaos enden.


Auch solle man die Angehörigen nicht in ihren Entscheidungen überfordern. Herr Wirthmann merkte dann dazu noch mit einem Beispiel an, das ja nun nicht unbedingt alles, was die Angehörigen wünschen, auch umgesetzt werden müsse: „Wenn Angehörige meinen, sie müssten Micky Mouse auf der Urne haben, braucht es den Bestatter und Berater der ihm andere Wege aufzeigt.“


Einen weiteren interessanten Punkt fand auch Dr. Kuschnerus der von einer Kommerzialisierung einer nur nach Profit und Wirtschaftlichkeit strebenden Gesellschaft warnte. Leider wurde auf diesen Gesprächspunkt nicht weiter eingegangen, es wäre doch für alle Zuhörer interessant gewesen, was er zu Gebührensatzungen zu sagen hätte, die schon heute auch ohne Wettbewerbsdruck nicht mehr zu bezahlen sind. Des Weiteren wurde die Gefahr herauf beschworen, dass gerade Familien aus prekären Einwohnerschichten dann zu dieser Bestattungsform, der Urne zuhause, tendieren könnten.


Leider wurde keine Frage nach der ordnungsbehördlichen bzw. sozialhilferechtlichen Bestattung gestellt – es wäre für die Forums-Zuhörer mit Sicherheit interessant gewesen, wie sich dort sehr häufig speziell in Ballungsgebieten die Bestattung gestaltet. Schlagworte wie zentraler Punkt oder Kristallisation der Trauer hörten sich zwar toll an, nur waren es keine Beiträge, die zu dem zentralen Punkt der Diskussion, nämlich die Abschaffung des Beisetzungszwangs für Totenasche, etwas beitrugen. Im Laufe der Diskussion, die sich zum Ende eher zu einem pastoralen Diskurs entwickelte, beendete Frau Dr. Knobel-Ulrich die Diskussion etwa 10 Minuten früher, weil sie genau wie die Zuhörer spürte, das alle Argumente gewechselt wurden, aber zu keinem Zeitpunkt nach Alternativen zu diesem Thema gesucht wurde.


Nach der Podiumsdiskussion sprachen wir noch mit einigen Zuhörern aus dem Altenpflege- oder Hospizbereich, die diese Aufregung nicht so ganz verstanden. Was ist denn schlimmes an der Urne zuhause, wir sind doch für ein selbstbestimmtes Leben, warum dann nicht auch über den Tod hinaus? Oder hat unser Bestatter Angst, dass er sein neu gebautes Kolumbarium nicht mehr voll bekommt?


Tja, diese Frage stellen wir uns allerdings auch.

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