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Reform des Bestattungsgesetzes Rheinland-Pfalz

Reform des Bestattungsgesetzes Rheinland-Pfalz

Rheinland-Pfalz soll ein neues Bestattungsgesetz bekommen

Voraussichtlich im Sommer 2025 wird der Landtag in Rheinland-Pfalz einen Gesetzesvorschlag für eine grundlegende Novelle des Bestattungsgesetzes für das Land beraten.


Nach der Veröffentlichung der Pläne für dieses neue Gesetz gingen die Wogen hoch, und es folgten zahlreiche Reaktionen.

Am 03.12.2024 veröffentlichte das Wirtschafts- und Gesundheitsministerium Rheinland-Pfalz den vom Ministerrat gebilligten Entwurf.


„Die Bedeutung der Themen Tod und Bestattung haben sich in den letzten Jahrzehnten verändert und weiterentwickelt. Hinzu kommt der gesellschaftliche Wandel, der den Bedarf an alternativen Bestattungsformen hat steigen lassen. Dem tragen wir nun Rechnung. Rheinland-Pfalz bekommt das modernste Bestattungsrecht.“

Dieses Gesetz scheint einige Neuerungen zu bringen, die nach großen Änderungen klingen:


  1. Wegfall der Sargpflicht auf Friedhöfen
  2. Auflösung der Unteilbarkeit der Asche
  3. Sternenkinder dürfen mit den Eltern zusammen bestattet werden
  4. Flussbestattung wird erlaubt und in rheinland-pfälzischen Flüssen genehmigt
  5. Diamantbestattung soll erlaubt werden


Sofort gingen einige Institutionen lautstark gegen diese Pläne vor.


Die erste öffentliche Kritik kam von der katholischen Kirche. In einem offenen Brief beschrieb sie einen Bruch mit der bisherigen Bestattungskultur. Der Leiter des katholischen Büros in Mainz, Dieter Skala, äußerte bereits am 6.12.2024 sein Entsetzen darüber, dass dieser Gesetzesvorschlag ohne Rücksprache mit der Kirche in die Regierungsgremien gelangen konnte.

Auch der Gemeinde- und Städtebund äußerte schnell seine Bedenken, dass die Friedhöfe durch ein solches Gesetz nicht mehr lukrativ seien, da zukünftig noch weniger Bestattungen auf Friedhöfen stattfinden würden.

Auffallend ist allerdings, dass von Seiten der Bestatter kaum Bedenken geäußert wurden.


Wäre es nicht gerade diese Berufsgruppe, die unter einem solchen Gesetz leiden müsste, wenn es das Ende der Bestattungskultur bedeuten würde?

Schaut man jedoch über den Tellerrand hinaus und betrachtet die Beweggründe hinter den verschiedenen Stellungnahmen, wird vieles weniger verwunderlich.


Das Bestattungsgesetz von Rheinland-Pfalz wurde am 4. März 1983 verabschiedet. Am 19.12.2019 gab es eine kleine Novellierung, die sich jedoch lediglich auf Verwaltungsvorschriften und Bestattungsfristen bezog.
Wenn wir betrachten, was sich in den vergangenen 43 Jahren in der Bestattungskultur verändert hat, ist es eher verwunderlich, dass die Gesetzgeber bisher keine umfassenden Anpassungen vorgenommen haben.

Ein genauer Blick auf die medienwirksam veröffentlichten Pläne von Minister Clemens Hoch zeigt: Es handelt sich keineswegs um echte Neuerungen, sondern vielmehr um die Legalisierung dessen, was seit Jahren über Umwege praktiziert wird – in Rheinland-Pfalz und darüber hinaus.


1. Wegfall der Sargpflicht

Dies bedeutet nicht, dass Verstorbene künftig in Tüchern über Friedhöfe geschleift und in ein Loch gerollt werden. Vielmehr wird nach dem Gleichheitsgrundsatz eine Beerdigungsart nach islamischem Vorbild – die bereits seit Jahren für Muslime erlaubt ist – auch für Andersgläubige ermöglicht.
Dabei ist ein Transport im Sarg weiterhin vorgesehen, ebenso wie ein Totenbrett, das nach dem Absenken des Verstorbenen ins Grab aufgelegt wird. Wir sprechen hier also nicht von einer billigen „Entsorgungsmethode“, sondern von einer pietätvollen, wenn auch alternativen Bestattungsform.


2. Auflösung der Unteilbarkeit der Asche

Diese Neuregelung wird Angehörigen neue Möglichkeiten eröffnen, etwas vom Verstorbenen haptisch behalten zu können.
Was in Deutschland bislang nur als Fingerabdruck auf Schmuckanhängern erlaubt war, kann zukünftig auch echte Asche in einer Gedenkurne sein.
Das Bedürfnis der Menschen, einen Teil ihrer Verstorbenen bei sich zu behalten, ist keineswegs neu. Im europäischen Ausland ist dies seit Jahrzehnten gängige Praxis.
Und selbst hierzulande ist es längst möglich, die Asche ins Bücherregal zu stellen oder im Garten zu vergraben – nur eben auf Umwegen.


3. Bestattung von Sternenkindern

Die erleichterte Bestattung von Sternenkindern wird kaum dazu führen, dass die Friedhöfe im Land leer bleiben. Vielmehr wird hier in Rheinland-Pfalz endlich eine Möglichkeit geschaffen, die längst überfällig ist – und in vielen anderen Bundesländern bereits Praxis ist.


4. Flussbestattung

In diesem Punkt übernimmt Rheinland-Pfalz tatsächlich eine Vorreiterrolle innerhalb Deutschlands.
Doch auch diese Form der Bestattung ist im Ausland längst üblich.
Die medial breitgetretenen Sorgen – etwa zu Niedrigwasser, Fahrrinnen oder Asche, die über Landesgrenzen gespült wird – sind berechtigt, aber auch lösbar, wie internationale Beispiele zeigen.


5. Diamantbestattung

In Deutschland offiziell nicht erlaubt, wird sie über Umwege in der Schweiz schon lange durchgeführt – und sogar aggressiv beworben.
Was also ist innovativ daran, nun endlich auch hier zu erlauben, was längst auf legalem Umweg passiert?

Diese und weitere Punkte – etwa die Regelung zu Ehrengräbern der Bundeswehr – werden durch das neue Gesetz nun publikumswirksam legitimiert.
Das ist weniger spektakulär, als es von Ministeriumsseite dargestellt wird. Vielmehr erkennt man eine Kehrtwende: Mehr Bestattungen im eigenen Land, mehr individuelle Gestaltungsmöglichkeiten, weniger rechtliche Grauzonen.


Die lautesten Kritiker? Kirchen, die den Zugriff auf Verstorbene und Angehörige verlieren könnten. Friedhofsverwaltungen, die sich schwer damit tun, von traditionellen Bestattungsformen abzuweichen.
Doch genau diese Institutionen haben sich längst von den Bedürfnissen der Menschen entfernt – und geraten durch die gesetzliche Anpassung weiter ins Abseits.



Persönliches Schlusswort

Ich bin selbst Geschäftsführer eines Bestattungsinstituts in Rheinland-Pfalz. Wir sind nur 6 km von der Grenze zum Saarland und rund 70 km von Luxemburg und Frankreich entfernt.
Kollegen fahren regelmäßig nach Luxemburg oder in die Niederlande. Auch wir haben bereits alle Arten von Auslandsbeisetzungen durchgeführt.

Jede Erleichterung, die uns das Gesetz im eigenen Land bietet, nehmen wir dankbar an.


Denn wir Bestatter verstehen uns als Dienstleister. Wir sind Seelsorger – oft mehr als manche Pfarrer – und „Anwälte“ der Angehörigen, wenn es darum geht, deren Wünsche oder den Willen der Verstorbenen umzusetzen.

Wer selbst einmal einen Verlust erlebt hat, wird nicht darüber diskutieren wollen, ob es pietätlos ist, einen Teil der Asche in einer kleinen Schatulle um den Hals zu tragen und den Rest in einem schön gestalteten Gemeinschaftsgrab beizusetzen.


Wir hören täglich, was Angehörige sich wünschen. Für viele ist es ein Affront, wenn sie wegen 40 Jahre alter Gesetze den Wunsch der Mutter nicht umsetzen dürfen.

Wir sollten dankbar sein für die neuen Möglichkeiten, die uns dieses Gesetz eröffnet.
Nicht, weil es unsere Arbeit erleichtert – sondern weil es unser Angebot erweitert. Und mit einem größeren Angebot können wir den Angehörigen der uns anvertrauten Verstorbenen eine würdigere, individuellere Bestattung ermöglichen.


Das sollte unser Ziel sein. Und dabei hilft uns das neue Bestattungsgesetz.


Autor: Oliver Warth


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